Was ist eine Vollmacht?
Eine Vollmacht ist eine Ermächtigung, die Sie einer anderen Person erteilen. Der Bevollmächtigte kann dann in Ihrem Namen handeln und rechtswirksame Erklärungen abgeben.
Grundbegriffe
| Begriff | Bedeutung |
|---|---|
| Vollmachtgeber | Die Person, die die Vollmacht erteilt |
| Bevollmächtigter | Die Person, die handeln darf |
| Umfang | Welche Rechtsgeschäfte sind erlaubt? |
| Dauer | Wie lange gilt die Vollmacht? |
Rechtliche Grundlage
Die Vollmacht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt:
- § 164 BGB: Wirkung der Erklärung des Vertreters
- § 167 BGB: Erteilung der Vollmacht
- § 168 BGB: Erlöschen der Vollmacht
- § 174 BGB: Einseitiges Rechtsgeschäft eines Bevollmächtigten
Vollmacht vs. Vertretungsberechtigung
Unterschied:
- Vollmacht: Freiwillig erteilt, jederzeit widerrufbar
- Gesetzliche Vertretung: Eltern für Kinder, Betreuer für Betreute
- Handlungsvollmacht: Arbeitnehmer für Arbeitgeber (§ 54 HGB)
Vollmachtsarten im Überblick
Es gibt verschiedene Arten von Vollmachten, die sich in Umfang und Zweck unterscheiden:
Die wichtigsten Vollmachtsarten
| Art | Umfang | Typische Verwendung |
|---|---|---|
| Generalvollmacht | Alle Rechtsgeschäfte | Umfassende Vertretung |
| Spezialvollmacht | Ein bestimmtes Geschäft | Hauskauf, Vertragsschluss |
| Bankvollmacht | Bankgeschäfte | Kontozugriff |
| Postvollmacht | Postsendungen | Pakete, Einschreiben |
| Vorsorgevollmacht | Bei Handlungsunfähigkeit | Gesundheit, Vermögen |
| Prozessvollmacht | Gerichtsverfahren | Anwalt als Vertreter |
Einfache vs. notarielle Vollmacht
Einfache schriftliche Vollmacht:
- Formfrei möglich
- Eigenhändige Unterschrift genügt
- Für die meisten Zwecke ausreichend
Notarielle Vollmacht (Beurkundung/Beglaubigung):
- Zwingend bei Grundstücksgeschäften
- Empfohlen für Vorsorgevollmachten
- Höhere Beweiskraft
Generalvollmacht: Wann sinnvoll?
Die Generalvollmacht ermächtigt den Bevollmächtigten zu allen Rechtsgeschäften, die der Vollmachtgeber selbst vornehmen könnte.
Umfang der Generalvollmacht
Was ist möglich:
- Verträge abschließen und kündigen
- Bankgeschäfte tätigen
- Behördengänge erledigen
- Vermögen verwalten
- Prozesse führen
Was ist NICHT möglich:
- Höchstpersönliche Rechtsgeschäfte (Heirat, Testament)
- Eidliche Aussagen
- Handlungen, die der Vollmachtgeber selbst nicht vornehmen dürfte
Wann eine Generalvollmacht sinnvoll ist
- Längere Abwesenheit: Auslandsaufenthalt, Weltreise
- Krankheit: Bei noch vorhandener Geschäftsfähigkeit
- Unternehmer: Vertretung bei Abwesenheit
- Komplexe Vermögensverwaltung: Mehrere Aufgaben delegieren
Risiken der Generalvollmacht
Achtung: Eine Generalvollmacht birgt erhebliche Risiken!
- Bevollmächtigter kann Ihr gesamtes Vermögen verfügen
- Missbrauch schwer zu kontrollieren
- Rückabwicklung oft schwierig
Empfehlung: Erteilen Sie nur Personen Ihres absoluten Vertrauens eine Generalvollmacht.
Muster-Formulierung
"Hiermit bevollmächtige ich, [Name], geboren am [Datum], wohnhaft in [Adresse], Herrn/Frau [Name des Bevollmächtigten], geboren am [Datum], wohnhaft in [Adresse], mich in allen Angelegenheiten zu vertreten, in denen eine Vertretung rechtlich zulässig ist."
Bankvollmacht: Besonderheiten
Eine Bankvollmacht ermächtigt zur Durchführung von Bankgeschäften im Namen des Kontoinhabers.
Arten der Bankvollmacht
| Art | Berechtigung | Typische Verwendung |
|---|---|---|
| Kontovollmacht | Verfügung über ein Konto | Ehepartner, Kinder |
| Depot-Vollmacht | Wertpapiergeschäfte | Vermögensverwalter |
| Kreditvollmacht | Darlehen aufnehmen | Geschäftsführer |
Was die Bankvollmacht erlaubt
- Überweisungen tätigen
- Bargeld abheben
- Daueraufträge einrichten
- Kontoauszüge anfordern
- Lastschriften verwalten
Was die Bankvollmacht NICHT erlaubt
- Konto auflösen (meist nur mit Zustimmung des Inhabers)
- Neue Konten eröffnen
- Kredite aufnehmen (separate Vollmacht nötig)
Besonderheit: Bankeigene Formulare
Wichtig: Die meisten Banken akzeptieren nur ihre eigenen Vollmachtsformulare!
Vorgehen:
- Formular bei der Bank anfordern
- Gemeinsam mit Bevollmächtigtem zur Bank
- Vor Ort unterschreiben und legitimieren
- Kopie für eigene Unterlagen
Vollmacht über den Tod hinaus
Eine normale Bankvollmacht erlischt mit dem Tod des Kontoinhabers. Möchten Sie, dass Ihr Bevollmächtigter auch nach Ihrem Tod Zugriff hat, brauchen Sie eine transmortale Vollmacht.
"Diese Vollmacht gilt über meinen Tod hinaus."
Postvollmacht: Für Pakete und Einschreiben
Die Postvollmacht ermächtigt zur Entgegennahme von Postsendungen.
Wann Sie eine Postvollmacht brauchen
- Urlaubsabwesenheit: Wichtige Sendungen nicht verpassen
- Geschäftlich: Mitarbeiter nehmen Post entgegen
- Eingeschränkte Mobilität: Nachbarn oder Verwandte helfen
Was die Postvollmacht abdeckt
- Normale Briefe (eh ohne Vollmacht möglich)
- Pakete und Päckchen
- Einschreiben (wichtig!)
- Nachnahmesendungen
- Postzustellungsaufträge (gerichtliche Schreiben)
So erteilen Sie eine Postvollmacht
Option 1: Bei der Post
- Formular im Postamt ausfüllen
- Gemeinsam mit Bevollmächtigtem erscheinen
- Personalausweis mitbringen
- Kostenlos
Option 2: Schriftlich
- Eigenes Schreiben mit Unterschrift
- Muss dem Zusteller vorgelegt werden
- Weniger sicher
Dauer der Postvollmacht
Die Postvollmacht kann:
- Unbefristet gelten
- Befristet sein (z.B. für Urlaubszeit)
- Auf bestimmte Sendungsarten beschränkt werden
Vorsorgevollmacht: Für den Ernstfall
Die Vorsorgevollmacht ist eine der wichtigsten Vollmachten überhaupt. Sie greift, wenn Sie selbst nicht mehr handlungsfähig sind.
Warum eine Vorsorgevollmacht?
Ohne Vorsorgevollmacht:
- Gericht bestellt einen Betreuer
- Oft fremde Person
- Langwieriges Verfahren
- Eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten
Mit Vorsorgevollmacht:
- Ihre Vertrauensperson handelt
- Sofortige Handlungsfähigkeit
- Keine Gerichtsbeteiligung nötig
- Ihre Wünsche werden respektiert
Was die Vorsorgevollmacht regelt
| Bereich | Beispiele |
|---|---|
| Gesundheit | Einwilligung in Operationen, Therapieentscheidungen |
| Aufenthaltsort | Wohnung, Pflegeheim, Krankenhaus |
| Vermögen | Bankgeschäfte, Mietverträge, Versicherungen |
| Behörden | Anträge, Widersprüche, Verfahren |
| Post/Kommunikation | Briefe öffnen, Telefon, Internet |
Formvorschriften
- Grundsätzlich formfrei: Schriftform genügt
- Empfohlen: Notarielle Beurkundung für:
- Höhere Beweiskraft
- Immobiliengeschäfte
- Weniger Zweifel an Geschäftsfähigkeit
Im Vorsorgeregister eintragen
Die Bundesnotarkammer führt das Zentrale Vorsorgeregister. Dort können Sie Ihre Vorsorgevollmacht registrieren.
Vorteile:
- Gerichte prüfen das Register vor Betreuerbestellung
- Schnellere Auffindbarkeit
- Gebühr: ca. 20 EUR
Anmeldung: www.vorsorgeregister.de
Ausführliche Anleitung
Lesen Sie unseren detaillierten Guide: Vorsorgevollmacht erstellen
Patientenverfügung: Keine Vollmacht, aber wichtig
Die Patientenverfügung wird oft mit der Vorsorgevollmacht verwechselt, ist aber etwas anderes.
Unterschied zur Vollmacht
| Dokument | Funktion |
|---|---|
| Vorsorgevollmacht | Wer entscheidet für mich? |
| Patientenverfügung | Was soll entschieden werden? |
Was die Patientenverfügung regelt
- Lebenserhaltende Maßnahmen
- Künstliche Ernährung
- Beatmung
- Schmerztherapie
- Organspende
Kombination empfohlen
Idealerweise haben Sie beides:
- Patientenverfügung: Ihre Wünsche zu medizinischen Maßnahmen
- Vorsorgevollmacht (Gesundheitsteil): Wer diese Wünsche durchsetzt
Unser Guide: Patientenverfügung erstellen
Notarielle Beglaubigung: Wann nötig?
Unterschied: Beglaubigung vs. Beurkundung
| Form | Was wird geprüft? | Kosten |
|---|---|---|
| Beglaubigung | Nur die Echtheit der Unterschrift | Günstiger |
| Beurkundung | Inhalt wird geprüft und erklärt | Teurer |
Wann notarielle Form PFLICHT ist
- Grundstückskauf/-verkauf: Zwingend Beurkundung
- Grundschuldeintragung: Beglaubigung genügt
- Gesellschaftsgründung (GmbH): Beurkundung
- Erbausschlagung: Beglaubigung
Wann notarielle Form EMPFOHLEN ist
- Vorsorgevollmacht: Höhere Beweiskraft
- Generalvollmacht: Bei wichtigen Geschäften
- Kontovollmacht für Immobilienfinanzierung: Banken verlangen es oft
Kosten
Die Notarkosten richten sich nach dem Geschäftswert:
| Geschäftswert | Beglaubigung (ca.) | Beurkundung (ca.) |
|---|---|---|
| Bis 10.000 EUR | 20-30 EUR | 75 EUR |
| 50.000 EUR | 50 EUR | 165 EUR |
| 100.000 EUR | 70 EUR | 273 EUR |
| 500.000 EUR | 150 EUR | 935 EUR |
Vollmacht widerrufen
Eine Vollmacht kann grundsätzlich jederzeit widerrufen werden.
Wie Sie eine Vollmacht widerrufen
Schritt 1: Schriftlichen Widerruf erstellen
"Hiermit widerrufe ich die am [Datum] erteilte Vollmacht an [Name des Bevollmächtigten]. Der Widerruf ist ab sofort wirksam."
Schritt 2: Widerruf zustellen
- Per Einschreiben an den Bevollmächtigten
- Persönliche Übergabe gegen Quittung
Schritt 3: Originalvollmacht zurückfordern
- Verlangen Sie alle Ausfertigungen zurück
- Vernichten Sie die Dokumente
Schritt 4: Dritte informieren
- Bank bei Bankvollmacht
- Vertragspartner bei Vertretungsvollmacht
- Vorsorgeregister bei Vorsorgevollmacht
Automatisches Erlöschen
Eine Vollmacht erlischt automatisch:
- Bei Tod des Vollmachtgebers (außer transmortale Vollmacht)
- Bei Tod des Bevollmächtigten
- Nach Ablauf der Befristung
- Bei Erledigung des Zwecks (Spezialvollmacht)
- Bei Widerruf durch den Vollmachtgeber
Sonderfall: Vorsorgevollmacht widerrufen
Bei einer Vorsorgevollmacht sollten Sie:
- Widerruf im Vorsorgeregister melden
- Alle Ausfertigungen einsammeln
- Ärzte und Pflegeeinrichtungen informieren
Übersichtstabelle: Welche Vollmacht für was?
| Situation | Empfohlene Vollmacht | Notarielle Form? |
|---|---|---|
| Kontozugriff für Ehepartner | Bankvollmacht | Nein (Bankformular) |
| Paketannahme im Urlaub | Postvollmacht | Nein |
| Geschäftsreise mit Vertretung | Spezialvollmacht | Je nach Geschäft |
| Vorsorge für Krankheit/Alter | Vorsorgevollmacht | Empfohlen |
| Hauskauf durch Vertreter | Spezialvollmacht | Ja (Pflicht) |
| Umfassende Vermögensverwaltung | Generalvollmacht | Empfohlen |
| Anwalt für Prozess | Prozessvollmacht | Nein |
| Kfz-Zulassung durch Dritten | Spezialvollmacht | Nein |
| Mietvertrag kündigen | Spezialvollmacht | Nein |
| Medizinische Entscheidungen | Vorsorgevollmacht | Empfohlen |
Checkliste: Vollmacht erteilen
Vor der Erteilung
- Welche Art von Vollmacht brauche ich?
- Welchen Umfang soll sie haben?
- Ist die Person meines absoluten Vertrauens?
- Brauche ich notarielle Form?
- Soll sie befristet sein?
Bei der Erstellung
- Vollständige Daten beider Parteien
- Umfang klar definiert
- Datum und Ort angeben
- Eigenhändige Unterschrift
- Kopie für eigene Unterlagen
Nach der Erteilung
- Original an Bevollmächtigten übergeben
- Kopie sicher aufbewahren
- Bei Bedarf registrieren (Vorsorgeregister)
- Dritte informieren (Bank, Behörden)
- Regelmäßig Aktualität prüfen
Fazit
Die richtige Vollmacht spart Zeit, gibt Sicherheit und ermöglicht Handlungsfähigkeit - auch in schwierigen Situationen.
Die wichtigsten Punkte:
- Generalvollmacht nur bei absolutem Vertrauen
- Bankvollmacht über Bankformular erteilen
- Vorsorgevollmacht gehört zur Grundvorsorge
- Notarielle Form bei Immobiliengeschäften Pflicht
- Widerruf jederzeit möglich
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